Die Situation
„Junge Menschen verzweifeln hier. Sie haben keine Arbeit und auch kaum Aussichten auf eine Anstellung.“, erzählt der 16-jährige Tony, der selbst im Mukuru Slum geboren und aufgewachsen ist. Die Toilettensituation ist ein weiteres Problem, das die Menschen im Slum belastet. Jeder Toilettengang kostet Geld. Die Latrinen sind schmutzig und oft nicht nutzbar. Die meisten Bewohner greifen daher auf die „flying toilet“ zurück. Der Begriff steht dafür, sich in einer Tüte zu entledigen und diese dann samt Inhalt auf die Straße oder aufs Wellblechdach zu werfen. Auf dem Dach trocknet der Kot und die Gefahr hineinzutreten ist gebannt. Es wundert nicht, dass der Slum durchzogen ist von übel riechenden Bächen aus Fäkalien und Müll. Je tiefer man in das Labyrinth von Wellblechhütten eindringt, desto unangenehmer wird es. Hinzu kommt die Luftverschmutzung, verursacht durch Feuerholz und Kohle. Durchfall- und Atemwegserkrankungen sind bei diesen Umständen vorprogrammiert.
Wasser, Sanitäranlagen und Einkommen für bessere Lebensumstände
NAK-karitativ etabliert im Mukuru Slum ein Einkommensförderungsprojekt und sorgt für den Zugang zu hygienischen Toiletten, Duschen und Trinkwasser. Ergänzend dazu wird die Sanitäranlage zur Gewinnung von Biogas genutzt. Das Projekt teilt sich in zwei Hauptkomponenten auf: WASH und Einkommensförderung.
- Die WASH-Komponente
Der Bau von Toiletten und Duschen dienen dazu, die Hygienebedingungen im Mukuru Slum zu verbessern und Krankheiten vorzubeugen. Das Besondere an der zu errichtenden Sanitäranlage ist, dass diese durchgehend überwacht und gereinigt wird, an das zentrale Abwassernetz angeschlossen ist und um eine Biogasanlage ergänzt wird. Vor allem Frauen profitieren von diesem Konzept. Durch die stetige Überwachung der Sanitär-anlagen und der Trennung zwischen einem Männer- und Frauenbereich, werden Frauen vor Übergriffen geschützt. Das hergestellte Biogas kann zum Kochen genutzt werden. Es ist günstig und ständig verfügbar. Darüber hinaus werden im Vergleich zum Kochen mit Holz die Atemwege geschont.
Trinkwasser wird durch eine Bohrung und das Einrichten eines Hochtanks zur Verfügung gestellt. An einem Wasserkiosk kann die umliegende Bevölkerung sauberes Wasser erwerben. Die Einnahmen von drei bis fünf Cent pro 20 Liter Wasser fließen wieder zurück in das Projekt und sorgen für die Finanzierung eines Betriebsteams, das die gesamte Anlage pflegt.
Langfristig werden Recyclingkomponenten etabliert, um das Müllmanagement in dem Einzugsgebiet zu verbessern. Im Rahmen organisierter Müllsammeltage wird Müll zum Zentrum gebracht und dort recycelt. Mit einer handbetriebenen Presse wird z.B. Plastikmüll zu Briketts weiterverarbeitet. Diese finden Verwendung im Straßen- und Landschaftsbau.
- Einkommensförderung
Über den Sanitäranlagen, in einem weiteren Stockwerk, wird ein Gemeinschaftszentrum mit Aufenthalts- und Schulungsraum, Küche sowie Bibliothek eingerichtet. Das Angebot des Zentrums richtet sich besonders an Jugendliche und Frauen. Ihnen werden im Rahmen von Beratungsleistungen, Schulungen und finanziellen Förderprogrammen Einkommensmöglichkeiten eröffnet. Dazu gehören vorwiegend städtische Landwirtschaft, Schneiderei, Schweißerei und der An- und Verkauf von Lebensmitteln. Geplante Aktivtäten sind das Einrichten von Spargruppen und die Startup-Finanzierung durch einen revolvierenden Fonds.
Jugendliche und Frauen, die bereits Kleinwirtschaftsprojekte betreiben, erhalten zudem weiterführende Unterstützung durch Schulungen, die zum Aufbau von Wertschöpfungsketten führen sollen. Qualitätssicherung ist dabei der Leitgedanke und soll den Abverkauf an Supermärkte ermöglichen.
Nachhaltigkeit
Bei der Umsetzung des Projekts arbeitet NAK-karitativ mit Umande Trust und KUMEA zusammen. Der Umande Trust verfügt über langjährige Erfahrungen im Bau von Biocentern, der Kombination aus Toilettenanlagen und Biogasherstellung. In anderen Slumregionen Nairobis und Westkenias konnte durch vergleichbare Projekte die Zahl der Durchfallerkrankungen drastisch reduziert werden. Das Trainingszentrum ermöglicht Jugendlichen und Frauen einen Ort des Austauschs und der Weiterbildung. Kombiniert mit den Spar- und Kreditprogrammen vernetzen sich Jugendliche und Frauen in Gruppen, erlangen Wissen über Finanzmanagement und haben Zugang zu Startup-Finanzierungen, um ihre Geschäftsideen zu verwirklichen. So wird den Menschen der Weg in ein selbstbestimmtes Leben ermöglicht.